Eichhörnchen in unserem Garten, 2010 |
Einordnung
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Ordnung: Nagetiere (Rodentia)
Unterordnung: Hörnchenverwandte(Sciuromorpha)
Familie: Hörnchen (Sciuridae)
Tribus: Baumhörnchen (Sciurini)
Gattung: Eichhörnchen (Sciurus)
Art: Eichhörnchen
Verbreitung und Lebensraum
Das Europäische Eichhörnchen kommt in ganz Europa vor, Teile von Spanien und Italien sowie Portugal ausgenommen, und ist das einzige ursprünglich in Europa vorkommende Eichhörnchen. Außer in Europa kommt es auch in Nordasien vor. Es lebt in Höhen bis zu 2000m. Ursprünglich bewohnten Eichhörnchen hauptsächlich boreale Nadelwälder, in Europa auch Laub- und Mischwälder. Eichhörnchen sind Zivilisationsfolger, ziehen also ihre nahrungs- und lebensraumtechnische Vorteile aus der Nähe zu menschlichen Siedlungen, und kommen daher auch in Parks und Gärten vor.
Weitere Eckdaten
Tragzeit: ca 32d
Jungtiere: 1-6
Gewicht bei Geburt: 8,5g
Aufzuchtszeit: 4m
Alter: in freier Wildbahn bis 8y, durchschnittlich 3
in Gefangenschaft 10-12y
Eichhörnchen haben an den Vorderpfoten
vier lange Finger mit gebogenen Krallen, die sehr beweglich sind. Die
Daumen sind verkümmert. Die Hinterbeine sind lang und sprungkräftig.
Äußeres
Eichhörnchen werden bis 30cm lang und
wiegen 300-500g. Der buschige Schwanz von bis 20cm Länge hat viele
verschiedene Funktionen inne. Er dient dazu, das Gleichgewicht beim
Klettern zu halten, zur Steuerung im Flug und bietet im Winter Wärme,
im Sommer Schatten und immer Schutz vor Regen. Während der Paarung
wird der Schwanz zum Imponieren genutzt, ähnlich wie beim Menschen.
Eichhörnchen haben ein kurzes, weiches
Fell. Obwohl wir als allererstes ein dunkles rotbraun mit
Eichhörnchen assoziieren, gibt es europäische Eichhörnchen von
hellrot bis dunkelbraun in allen Farbschattierungen. Der Bauch ist
weiß oder zumindest hell gefärbt. Auch unter Eichhörnchen gibt es
melanistische und albinistische Individuen.
Im Winter wird das Fell dichter und
meist dunkler, die sonst nackten Fußsohlen sind behaart und die
Ohren bilden verstärkte Pinsel aus.
Schnee auf der Nase und buschiger Plüschschwanz |
Gebiss
Eichhörnchen haben 22 schmelzfaltige
Zähne: im Oberkiefer 1I 0C 2P 3M, im Unterkiefer 1I 0C 1P 3M. Der
Unterkiefer ist geteilt; dadurch können die Eichhörnchen die
Incisiven im Unterkiefer um 2-3mm auseinander stellen, was bei der
Nahrungsbeschaffung hilft. Sie können die Zähne wie einen Hebel
einsetzen. Dieses Verhalten muss erst erlernt werden, es ist nicht
angeboren.
Sinnesorgane
Die Augen des Eichhörnchens sitzen
seitlich am Kopf, was ein großes Blickfeld ermöglicht. Dies ist
wichtig für die Eichhörnchen, die sich beim Springen von Baum zu
Baum auf ihre Sicht verlassen können müssen. Geruchs- und Gehörsinn
sind sehr gut ausgeprägt, was einerseits ein gutes Warnsystem vor
Feinden ermöglicht und andererseits die Suche nach Nahrung deutlich
erleichtert.
Lebensweise
Eichhörnchen sind tagaktiv und bewegen
sich meist springend von Baum zu Baum fort. Auch auf dem Boden
springen sie und laufen nicht etwa, was sie relativ langsam und
angreifbar macht. Meine Katze hat schon häufiger Eichhörnchen
erlegt; bisher hab ich mich immer gewundert, wie er das geschafft
hat, weil er selbst nicht der Klügste ist, aber schneller als ein
hoppelndes Eichhörnchen scheint er immerhin zu sein.
Auf und zwischen Bäumen springen
Eichhörnchen bis zu fünf Meter weit und halten beim Klettern mit
ihrem Schwanz die Balance.
Bau
Wenn Eichhörnchen nicht von Baum zu
Baum springen, leben sie in Kobeln. Das sind runde, hohle Bauten aus
Ästen und Zweigen, die in Astgabeln platziert werden, meist in mehr
als sechs Metern Höhe. Der Kobel hat eine dicke Wand und wird innen
mit Moos und Laub ausgepolstert. Er hat meist zwei Eingänge, einer
davon nach unten weisend, weil Eichhörnchen ihren Kobel von unten
betreten.
Eichhörnchen haben mehrere Kobel,
wovon sie einige zur Nachtruhe, andere zum Ausruhen tagsüber
verwenden. Sie wechseln häufiger ihren Schlafkobel, sei es wegen
Parasitenbefall oder sonstiger Störungen.
Ernährung
Im Gegensatz zur allgemeinen Annahme
sind Eichhörnchen keine reinen Pflanzen-, sondern Allesfresser. Je
nach Jahreszeit ernähren sie sich von Beeren, Früchten, Nüssen und
Samen. Sie fressen auch Knospen, Rinde, Baumsaft, Blüten, Flechten,
Körner, Pilze, Obst sowie Würmer und andere wirbellose Tiere,
Vogeleier, Jungvögel, Insekten, Larven und Schnecken.
Im Herbst legen Eichhörnchen
Wintervorräte an. Sie halten keinen Winterschlaf und müssen
regelmäßig Nahrung zu sich nehmen. Dafür vergraben sie Nüsse im
Boden in Wurzelnähe, indem sie ein Loch scharren, die Nahrung
ablegen, das Loch zuscharren, die Erde festdrücken und mit der
Schnauze nachdrücken. Alternativ wird Nahrung in Baumrinden oder
Astgabeln deponiert. Der Kobel dient nicht als Nahrungsspeicher.
Für den Winter muss genügend Nahrung
gebunkert werden, da Eichhörnchen keine frische Nahrungsquelle zur
Verfügung steht. Dies gilt nur für Laub- und Mischwälder. In
borealen Nadelwäldern sind den ganzen Winter über Zapfen als
Nahrung verfügbar.
Da die Eichhörnchen sich nicht alle
Verstecke merken und auch nicht alle mit ihrem Geruchssinn
wiederfinden können, spielen sie eine wichtige Rolle bei der
Nachforstung natürlich belassener Wälder.
Sozialverhalten
Eichhörnchen leben meist solitär, nur
zur ersten Paarungszeit ab Ende Januar jagen sie sich gegenseitig
durch die Wipfel. Die Weibchen locken die Männchen zunächst mit
Vaginalsekret an, wenn sie jedoch noch nicht paarungsbereit sind,
verjagen sie die Männchen wieder. Vor der Paarung lassen sie sich
von den Männern durch die Bäume jagen.
Gab es einen mageren Winter, kann die
erste Paarungszeit entfallen und es wird sich erst im späteren
Frühjahr gepaart. Eichhörnchen sind nicht monogam und suchen sich
zu jeder Paarungszeit einen neuen Partner.
Die Jungen sind Nesthocker und
entwickeln nach drei Wochen einen ersten flaumigen Pelz. Erst nach
einem Monat öffnen sie die Augen, mit fünf bis sechs Wochen brechen
die oberen Incisivi durch. Mit sechs Wochen verlassen sie den Kobel
zum ersten Mal, mit acht bis zehn Wochen werden sie abgestillt. Sie
bleiben noch mehrere Monate bei der Mutter, der Vater spielt bei der
Aufzucht keine Rolle.
Die Jungtiere erreichen mit elf Monaten
Geschlechtsreife.
In Ausnahmefällen tun Eichhörnchen
sich auch außerhalb der Paarungszeit zu Gruppen zusammen. Die
Rangordnung ist hierbei nicht geschlechtsspezifisch, sondern nach
Alter und Größe geordnet. Allerdings werden Weibchen von Männchen
selben Alters und Größe dominiert.
Feinde
Der Baummarder zählt zu den
natürlichen Feinden des Eichhörnchens. Er klettert beinahe ebenso
gut wie das Eichhörnchen, ist jedoch etwas schwerer und kann auf
dünne Äste nicht folgen. Jedoch ist er im Gegensatz zum
Eichhörnchen nachtaktiv und überrascht es schon mal nachts im
Kobel. Auch Wildkatze, Uhu, Habicht und Mäusebussard jagen
Eichhörnchen.
Gegen Raubvögel haben die Eichhörnchen
einen Abwehrmechanismus entwickelt: Sie laufen schnell in kreisenden
Bewegungen um den Baumstamm herum, was dem Vogel das Greifen stark
erschwert. Junghörnchen werden oft im Kobel von Wieseln erbeutet.
Wie weiter oben schon beschrieben, reißen auch Hauskatzen wie mein
nicht sehr kluger Kater Eichhörnchen.
Auch der Mensch gehört natürlich zu
den Feinden des Eichhörnchens, entweder durch Bejagung oder durch
Unfälle. Auf dem Weg zur Arbeit kam ich jahrelang an einem Baum
vorbei, in dem ich auch häufiger mal ein Eichhörnchen habe springen
sehen. Als ich es das letzte Mal gesehen habe, sprang es leider nicht
von Baum zu Baum, sondern lag platt auf der Straße.
Mensch und Hörnchen
Das Eichhörnchen findet sich in
verschiedenen Mythologien über die Welt verteilt wieder.
So gibt es in der nordischen Mythologie
das Eichhörnchen Ratatösk, was ich schön onomatopoetisch finde.
Dieser Name wird vom altnordischen rati für Bohrer und toskr für
Zahn abgeleitet. Ratatöskr springt im Weltenbaum Yggrasil von Ast zu
Ast und somit von Welt zu Welt. Dabei trägt es Botschaften zwischen
den verschiedenen Welten aus.
„Ratatosk heißt das Eichhörnchen,
das herumspringt
an der Esche Yggdrasil;
die Worte des Adlers
trägt es von oben herab
und sagt sie unten Nidhögg.“
Grímnismál,
Strophe 32 (Übersetzung
nach Arnulf
Krause)
In Mittel- und Südamerika sowie in
Japan stehen Eichhörnchen für Fruchtbarkeit, in Irland sind sie der
Erd- und Fruchtbarkeitsgötting Mebd zugehörig.
In Indien gibt es Eichhörnchen mit
drei Streifen auf dem Rücken, weil der heilige Sri Rama sie für
ihren Mut und ihre Entschlossenheit gesegnet hat, indem er mit drei
Fingern über den Rücken strich.
In Griechenland war man der Meinung,
dass Eichhörnchen sich mit ihrem plüschigen, voluminösen Schwanz
selber Schatten spenden, weshalb sie Schattenschwanz genannt wurden.
Auf etwas tödlichere Weise steht das
Eichhörnchen schon länger mit dem Mensch in Verbindung- sie wurden
als Nahrungslieferant genutzt und auch ihre Felle werden unter der
Bezeichnung Feh in kalten Regionen zur Bekleidung verwendet.
Als Zivilisationsfolger werden manche
Eichhörnchen so zahm, dass sie Nüsse aus der Hand fressen.
Erkrankungen
Eichhörnchen erleiden häufig
Parasitosen durch den Eichhörnchenfloh und die Eichhörnchenlaus.
Fälle von Tollwut sind bekannt. Es
wird berichtet, dass eine Frau sich an einem Eichhörnchen mit
Tollwut infiziert hat, nachdem sie es mit ihrem Rasenmäher überfuhr.
Diese Maßahme erscheint mir allerdings auch etwas rabiat.
Auch Eichhörnchen können an Pest
erkranken.
Eichhörnchen können an
Zahnfehlstellungen leiden, was dramatische Folgen haben kann, da die
Incisivi der Eichhörnchen lebenslang wachsen. Haben die Zähne
keinen Abrieb aneinander oder an der Nahrung, wachsen sie weiter und
können Verletzungen verursachen oder weitere Nahrungsaufnahme
verhindern. Zahnfehlstellungen entstehen häufig durch Sturz auf
harten Boden.
Die Erkrankung Tularämie stellt eine
Zoonose da und ist unter Nagern weit verbreitet. Weitaus geläufiger
für diese Krankheit ist der Name Hasenpest.
Vektor für das Bakterium francisella
tularensis sind beißende Ektoparasiten, es kann aber auch durch
Schlamm und Wasser, durch das Abbalgen nach der Jagd oder über Staub
übertragen werden.
Beim Eichhörnchen führt das Bakterium
nach einer Inkubationszeit von zwei bis drei Tagen zu einer Sepsis.
Weitere Symptome sind Schwächte, Apathie, Fieber und Tachypnoe.
Lymphatische Organe wie Lymphknoten und Milz vergrößern sich. Die
Prognose bei dieser Krankheit ist infaust, das heißt, die Tiere
verenden auf jeden Fall innerhalb von vier bis 60 Tagen nach
Infektion.
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